Februar 2003

Ein Gespenst geht um in Sachsen...
Die meisten werden es bemerkt haben. Einigen ist es egal, andere bedauern es, und manche wünschen sich vergangene Zeiten zurück.
Es vollzieht sich ein Wandel in unserer schwullesbischen Szene: Die Notwendigkeit von Kneipen, Diskos und Bars ausschließlich für Homosexuelle scheint nicht mehr vorhanden. Neue Lokale und Veranstaltungen werden zwar anfangs interessiert begutachtet, verfallen dann aber in den selben Dornröschenschlaf, wie schon länger bestehende, ständig von der Schließung bedrohte Klassiker. Ein Grund ist sicherlich die zunehmende Akzeptanz von Schwulen und Lesben in der Gesellschaft generell. Unser Auftauchen in "normalen" Bars und Diskotheken löst sicher keine Beifallsstürme aus, aber auch kaum noch Pöbeleien. Doch auch das Internet tut das seine. Es bestehen unzählige Kontaktmöglichkeiten um Gleichgesinnte kennenzulernen. Schwule Bücher bestellen, Informationen abrufen, Quatschen im Chat – alles kein Problem. Und es geht bequem von zu Hause aus. So ist die gewollte Zusammenführung von Schwulen und Lesben in Bars und Diskos, zumindest theoretisch, nicht mehr nötig. Hier muß man aber die Frage stellen, ob nicht die Generation benachteiligt ist, die mit Internet nicht viel anfangen kann oder sich in der Öffentlichkeit nicht gern outen möchte. Werden so die älteren Schwulen und Lesben von der bröckelnden Szene abgekoppelt?
Und überhaupt. Besteht nicht die Gefahr, daß man sich mehr und mehr selbst isoliert? Eine Randgruppe, bestehend aus Tausenden Singles, die es suchend durchs Internet treibt, dazu verdammt niemanden für länger finden?
Doch es gibt auch noch Szenelokalitäten, die gut funktionieren. Wenn auch meist nur dann, wenn dort die Aussicht auf Sex besteht. Ausnahmen bestätigen die Regel. Das Drumherum scheint eher zweitrangig. Saunen und Darkroom-Etablisments werden vermutlich immer ihren festen (und berechtigten) Platz in einer schwulen Szene haben. Dagegen muß der Veranstalter einer Party, welche dauerhaft den schwul-lesbischen Ansprüchen genügen soll, immer wieder neue Konzepte und aufwendige Effekte bieten. Eine gerechtfertigte Frage ist natürlich auch, ob bei den dargestellten Umständen ein Szeneblatt wie der Gegenpol noch eine Plattform hat. Wir denken ja. Sicherlich können wir die immer weitläufigere schwul-lesbische Szene nicht neu erfinden. Aber wir können sie zusammenfassen und sie für Euch konzentriert präsentieren.
Und genau das erwartet Euch wieder in diesem Heft. Aus vielen Bereichen berichten wir über Neues und bereits Geschehenes.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Stefan.